Aktive Gründungsmotive und Weiterentwicklung der Hamburger Stadtteilkulturzentren waren und sind sehr unterschiedlich, bei allen sind jedoch eine enge Beziehung zum Standort und den dort Lebenden wichtige Punkte in der Programmarbeit – so auch in der ZINNSCHMELZE in Barmbek-Nord.
Autorin: Sonja Engler
In der Zinnschmelze hat sich in der lokalen Anbindung und Verankerung ein differenzierter Ansatz herausgebildet, der sich in den verschiedenen Arbeitsfeldern widerspiegelt.
Stadtentwicklung und Kultur
In diesem Arbeitsfeld greift die Zinnschmelze explizit die Themen und Ereignisse auf, die in Barmbek Nord relevant sind und setzt sie in verschiedenen Formaten um. Sie übernimmt die Rolle eines Netzwerkknotens im Stadtteil und kann dabei mit ihrer zur Verfügung stehenden Infrastruktur Dinge vorantreiben, unterstützend begleiten oder auch initiieren. Wenn die
Zinnschmelze dabei als Veranstalterin bzw. Moderatorin von Diskussionen auftritt oder Funktionen in gewählten Gremien übernimmt, stehen die Schönen Künste zunächst nicht im Mittelpunkt. Dennoch prägt die soziokulturelle Grundhaltung und die Bedeutung, die Partizipation und Teilhabe zugemessen
werden, auch hier die Arbeit vor Ort.
Beteiligungsprojekte und Aktionen im Stadtteil werden demgegenüber aus künstlerischer Sicht entwickelt und rücken ein bestimmtes lokales Thema in den Fokus, wie z. B. „Der gefrorene Silberreiher“, eine Wandbildprojektion von Katrin Bethge (2009) oder „Hertie –Im Blickfeld“ mit Katharina Kohl und DG Reiß (2011). Beide Projekte setzten sich mit der Leerstandsimmobilie des ehemaligen Warenhauses auseinander.
Veranstaltungen
„Professionell und handgemacht ist der künstlerische Anspruch, die Atmosphäre persönlich und nah dran“ lautet das Profil im Veranstaltungsbereich. Dem Stadtteilkulturzentrum geht es in den Veranstaltungen darum, in einem nicht zu den „In-Vierteln“ gehörenden Stadtteil Angebote zu schaffen, die dort sonst nicht vorkommen. Dabei stellt sich die Zinnschmelze auch der Herausforderung, dass diese Veranstaltungen für einen Teil der Bewohner zunächst fremd sind und nicht gleich angenommen werden, und dass potenzielle Besucher aus anderen Teilen Hamburgs nicht so leicht nach Barmbek zu locken sind. Erklärtes Ziel ist es, zur Attraktivität des Stadtteils beizutragen, indem die Zinnschmelze ein Kulturzentrum mit künstlerischem Niveau und vielfältigem Programm betriebt. Auch deshalb hat das Haus den Hamburger Comedy Pokal mitentwickelt und ist seit Beginn Austragungsort dieses jährlichen Wettstreits deutschsprachiger Comedians.
Kooperationen am Standort
Die Lage ist ein Geschenk: Mitten auf einem schönen historischen Fabrikhof, mit dem Museum der Arbeit, der Bücherhalle und der Volkshochschule als Nachbarinnen, das Theaterdeck als Partner im Haus und Globetrotter als Einzelhandelsmagnet gegenüber. Und nur ein paar Meter weiter liegen die Geschichtswerkstatt, das Puppentheater und künftig ein Zweig des Hamburger Konservatoriums. Aus dieser Lage entwickelt die Zinnschmelze immer wieder gemeinsame Projekte, in unterschiedlicher Zusammensetzung und vielfältiger Ausrichtung.
Darüber hinaus spielt der Standort auch konzeptionell eine Rolle. Am Anfang des Bemühens um den Erweiterungsbau stand der mit den direkten Nachbarn entwickelte Begriff des „Kultur- und Bildungszentrums“, der auch in Zukunft z. B. in der Neugestaltung des Kurs- und Workshop-Programm eine große Rolle spielen wird.
Lokal meint dezentral
Kulturversorgung in Wohnortnähe, Programm aus diversen Sparten, Angebote zum Genießen und zum Mitmachen, niedrige Zugangsschwellen – all das nimmt die Zinnschmelze ernst und hat diese Grundsätze auch mit dem Bezirk als Fördungsgeber vereinbart. Diese Haltung prägt die tägliche Arbeit des
Stadtteilkulturzentrums seit fast 30 Jahren. Doch auch mit diesem „Butterbrot der Soziokultur“ lässt sich immer wieder ein frischer Aufstrich auf den Tisch zaubern: Die Zinnschmelze hat eine Anregung aus dem Stadtteil aufgegriffen und veranstaltet mit dem Bürgerhaus zusammen nun im zweiten Jahr die HörSpielWiese Barmbek – ein Wochenende voller Hörspiele, umsonst und draußen, mit Picknick auf der grünen Wiese. Auch mit diesem Projekt will die Zinnschmelze wachsen, in ein paar Jahren heißt es dann „HörSpielWiese Hamburg“ – in Barmbek.
Kontakt:
Zinnschmelze, Maurienstr.19, 22305 Hamburg, 040/299 20 21, , www.zinnschmelze.de