Editorial zu „Fair statt prekär“

Liebe Kulturinteressierte,

Wer sich entscheidet, in der Soziokultur zu arbeiten, will etwas für die Gesellschaft tun und glaubt fest an die positive Wirkung, die Kultur auf Teilhabe und Zusammenhalt der Gesellschaft haben kann. Menschen, die diesen Weg gehen, sind hoch engagiert, stark intrinsisch motiviert und es gewohnt, kreativ und professionell mit begrenzten Mitteln ein Maximum an Wirkung und Programm zu erzeugen. Ich habe im Laufe meiner Arbeit für die Soziokultur viele von ihnen kennengelernt. Sie übernehmen auch Zusatzaufgaben und achten nicht so sehr darauf, ob auch mal ein paar Überstunden anfallen.

Doch es gibt ein Problem, das bei fast allen sofort eine Reaktion auslöst und das mitunter auch sehr emotional diskutiert wird. Es betrifft nicht nur die beruflichen Aufgaben der Menschen in der Soziokultur, sondern den Wert, der ihrer Arbeit zugemessen wird und das Maß an Anerkennung, das damit verbunden ist. Gerade die jüngeren Kolleg*innen vergleichen sich mit Freund*innen mit gleicher Qualifikation und oft geringerer Verantwortlichkeit und stellen fest, dass sie deutlich geringere Summen auf ihrem Gehaltszettel finden. Das führt zu Frustration und zu Empörung und zu dem Gefühl, Opfer eines Missverhältnisses zu sein.

Was sagt diese Situation aus über den Wert, den die Stadt diesen engagierten und hochqualifizierten Menschen zumisst? Entspricht der Geldwert der Gehälter der tatsächlichen Wertschätzung für die Soziokultur? Gerade angesichts des Generationswechsels, den die Soziokultur durchläuft, braucht sie für ihre wachsenden Aufgaben für den Zusammenhalt der Gesellschaft eine zukunftsfähige Personalplanung, angemessene Gehälter – und damit bessere Chancen beim Wettbewerb um qualifizierte Bewerber*innen – und eine ausreichende Personalausstattung.

Dafür muss sich die vielfach ausgedrückte Wertschätzung der Stadt Hamburg auch in einem finanziellen Bekenntnis ausdrücken: Ein verbindliches Tarifsystem und eine entsprechende finanzielle Ausstattung der Einrichtungen – unabhängig davon, aus welchem Topf sie gefördert werden – würden Lohngerechtigkeit und Nachhaltigkeit auch in der Hamburger Soziokultur und Stadtteilkultur voranbringen.

Eine erkenntnisreiche Lektüre wünscht
Corinne Eichner, Geschäftsführerin

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