Dan Thy Nguyen ist freier Kulturschaffender und Mitarbeiter im Stadtteilkulturzentrum Eidelstedter Bürgerhaus. Die Digitalisierung der Arbeit stresst ihn nicht. Wohl aber die Frage, wie sich in Corona-Zeiten zukünftige Veranstaltungen planen lassen.
Autor: Dan Thy Nguyen
Das Merkwürdige an der Zeit ist, dass die Welt seit COVID-19 beginnt so zu arbeiten, wie ich schon seit fast zehn Jahren gearbeitet habe. Als ein BPoC-Künstler, der lange Zeit seines Lebens von Institutionen kaum wahrgenommen wurde, hatte ich schon lange Internetkunst gemacht und einen Großteil meiner Besprechungen über Videokonferenzen organisiert. Videos, Dokumentationen, Essays und Hörspiele – dies alles funktionierte schon vor Corona online. Was aber noch vor sechs bis sieben Wochen von Institutionen belächelt, teilweise als Nichtkunst bezeichnet wurde, ist Teil einer schrägen Form der normalen und alltäglichen Arbeit von vielen geworden. Wenn plötzlich alle digital arbeiten, wird diese Beschäftigung schrecklich absurd und langweilig.
Nun organisiert mein Produktionsbüro „Studio Marshmallow“ die erste Version des Fluctoplasma Festivals und wir hätten uns die Vorbereitung natürlich anders vorgestellt. Im Wesentlichen besteht unsere Aufgabe nämlich darin, wachsam zweigleisig zu fahren. Offiziell findet das Festival im Oktober statt. Und da wir nicht voraussehen können, wie die Situation sein wird, müssen wir so tun, als würde alles normal stattfinden, wohl wissend, dass wir momentan in eine Welt eintreten, in der nichts mehr so sein wird, wie vorher.
Daher denken wir auch über alternative Modelle für eine nicht voraussehbare Zukunft nach. Ein Akt, der nicht nur uns häufig überfordert, sondern vermutlich alle Kulturinstitutionen in unterschiedlichem Ausmaß.
Im Eidelstedter Bürgerhaus, wo ich auch tätig bin, arbeiten wir an Formaten im öffentlichen Raum. Wir funktionieren unsere Fenster zu Ausstellungsflächen um und stellen dort fantastische Künstler*innen aus. Plakatkunst und Kinderbuchpodcasts sind auch schon in Planung. Unseren Betrieb in den Pandemiemodus zu schalten, hat nicht nur schlechte Seiten, sondern zeigt das kreative Potential eines guten Teams auf.
Wenn ich diese Dinge schreibe, dann umgibt mich die Frage, wie wir in diesen Zeiten unsere soziale, künstlerische und kulturelle Arbeit machen können, ohne Menschen wirklich begegnen zu können. Und was sind die Aufgaben der sozialen Bewegung in einer Welt, in der wir uns aus gesundheitlichen Gründen sozial distanzieren müssen? Dies sind Fragestellungen, zu denen ich zum jetzigen Zeitpunkt keine Antworten habe.