Für die Theaterschaffenden war nach Ausbruch des Coronavirus schnell klar, dass es nicht darum geht, das Ende der Pandemie abzuwarten, sondern die Möglichkeiten des Arbeitens neu auszuloten. Peter Markhoff vom Theater Mär und Kai Fischer von der Gruppe DIE AZUBIS haben im stadtkultur magazin für den Dachverband freie darstellende Künste Hamburg (DfdK) aufgeschrieben, wie sie mit der Krise umgegangen sind.
Peter Markhoff und das Theater Mär
Alles steht zur Disposition. Am Schreibtisch mutiere ich zum Antragstell-Spezialisten – und werde heiser. Wenige Open-Air-Auftritte in Hamburger Parks beleben die Stimme und die Seelen der kulturell ausgehungerten Zuschauer*innen. 20 Kurz-Videos für Kleine erprobte ich mäßig befriedigt. Solidarität mit Künstler*innen und prompte öffentliche Hilfe. Bei nur 50 Zuschauer*innen müssten die Eintrittspreise vervierfacht werden. Schon 50 Prozent Gastspielabsagen, das kommende, lukrative Winterhalbjahr ist fraglich. Erwartete Einnahmeeinbuße: 80 Prozent. Größte Frage: Gelingt die geplante Neuaufstellung des Theaters Mär nach 30 Jahren unter diesen Umständen?
Das Theater Mär setzt seit inzwischen 30 Jahren Geschichten für Kinder ab zwei Jahren in Szene – innovativ, behutsam und publikumsnah. Geleitet wird das freie Tourneetheater von Begründer Peter Markhoff.
Kai Fischer und DIE AZUBIS
Die erste entscheidende Frage: Wie können wir unseren inhaltlichen Ansprüchen und unseren formalen Möglichkeiten in einer Konferenz-App treu bleiben, so dass es kein Notprojekt wird. Wir arbeiten normalerweise interaktiv mit dem Zuschauer, nutzen Räume jenseits der Bühne, arbeiten mit Objekten und Live-Zeichnungen, Trash und Poesie. Nach der ersten Schockstarre und Kampf mit schwachen Internetverbindungen, unscharfen Webcams und Wackelkontakten der neu gekauften USB-Mirkos, stellten wir fest, wir können all diese Dinge digital genauso machen – und sogar noch mehr, da ein neues Medium neue Möglichkeiten bietet.
Die zweite Frage: Wie kann der Zuschauer, der vielleicht auf seiner Wohnzimmercouch fläzt, den Abend selber wertschätzen – ohne Handygewische und Familienpräsenz? Die Lösung ist dem Analogen abgeschaut: Es gibt einen regulären Eintritt, einen fixen Starttermin, eine begrenzte Zuschauerzahl und eine 100-prozentige Live-Darbietung – wie im Theater eben.
Die AZUBIS sind Kai Fischer und Christopher Weiß. Ihre Arbeit ist gekennzeichnet durch eine Vielfalt der Formen: Objekttheater, Zuschauerpartizipation, site specific, Kinder- oder Erwachsenentheater. Sie untersuchen archetypische Themen und setzen sie in einen aktuellen, gesellschaftsrelevanten Kontext.