Bernd Haß hat 1992 im Goldbekhaus angefangen. Neun Jahre später trat er die Nachfolge von Werner Frömming als Geschäftsführer an. Ende August war nun Bernds letzter Tag im Goldbekhaus. Seinen Job übernimmt Katharina Behrens, die vielfältige Erfahrungen aus verschiedenen Staatstheatern mitbringt. Für ihre Übergabe war ein Monat angesetzt.
Bernd, wie habt ihr im Goldbekhaus den Wechsel vorbereitet?
BERND HASS: Der erste Anstoß, sich über das Setting zur Findung der Nachfolge klar zu werden, war im Januar 2021. Über mehrere Etappen, auch mit externer Beratung, stand der Fahrplan für die Findungsphase im Sommer 2021 fest, die Kriterien für die Stellenbeschreibung und Ausschreibung im Dezember. Der Amtsantritt meiner Nachfolgerin Katharina Behrens war am 1. August 2022, sodass noch ein Monat Einarbeitungszeit blieb. Das war eine kurze, intensive Phase. Weil wir jedoch eine stellvertretende Geschäftsführerin mit Suse Hartmann haben, die viele meiner Tätigkeiten aus der Nähe kennt und selbst schon vertreten hat, wird Katharina eine kompetente Ansprechpartnerin haben und sicher ihren eigenen Weg finden.
Hast du Tipps oder kannst du Methoden für einen gelungenen Generationswechsel empfehlen?
Weil man hinterher immer klüger ist, kann ich noch nicht abschließend beurteilen, was bei unserem Vorgehen als gelungen angesehen werden kann. Grundsätzlich haben wir versucht, das notwendige Wissen in einem Organisationshandbuch zu dokumentieren. Weil sich das Goldbekhaus jedoch schnell verändert, hält die Dokumentation nicht immer Schritt mit der Wirklichkeit und viel Wissen und Erfahrung steckt im alltäglichen Handlungs-Know-how. Bei der Geschäftsführung kommt noch hinzu, dass eine besondere Anforderung darin besteht, das Bewahrenswerte und den notwendigen Veränderungsbedarf auszubalancieren und die Rolle der Geschäftsführung neu zu definieren. Daher war es, glaube ich, sinnvoll, keine lange Überlappung zu planen.
Was war in deiner Zeit die beste soziokulturelle Aktivität des Goldbekhauses?
Sternstunden waren ganz sicher die Projekte, bei denen unterschiedliche Partizipationsformen in ein ästhetisches Erleben mit hoher Qualität gemündet sind. In besonderer Erinnerung bleiben mir das Projekt Heimspiel zum 25-jährigen Jubiläum des Erstbezugs des Hauses, die blauen Hofnächte und viele Aktionen im Stadtteil, bei denen der öffentliche Raum genutzt wurde.
Was ist deine größte Sorge für die Zukunft des Goldbekhauses und der Hamburger Stadtteilkultur? Und was ist deine Hoffnung?
Dass es immer wieder neue gute Ideen geben wird, die dem immer größer werdenden Aufgabenspektrum entsprechen werden, weiß ich. Ich befürchte, dass die Rahmenbedingungen nicht mehr hinreichend sein werden, um diesen Aufgaben gerecht werden zu können und die Ideen umsetzen zu können.
Ich hoffe, dass die Stadtteilkultur die gleiche Anerkennung erfährt, wie andere besser ausgestattete Kulturformen und insgesamt Kultur den Stellenwert bekommt, als die gesellschaftliche Kraft, die Zusammenhalt und Innovation befördert.
Katharina, du bist ja erst kurz da. Aber was kannst du bisher empfehlen für einen „guten Wechsel“?
KATHARINA BEHRENS: Das Goldbekhaus hat eine sehr durchdachte und strukturierte Einarbeitungsliste, sowohl allgemeiner Natur als auch auf die jeweilige Stelle bezogen. Außerdem existiert ein umfangreiches Organisationshandbuch. Empfehlenswert ist aus meiner Sicht trotzdem das frühzeitige Abwägen zwischen Dingen, die unbedingt erklärt werden müssen und solchen, die man sich auch selbst anlesen und beibringen kann. Da helfen nur eine Fokussierung auf das Wesentliche und der Mut zur Lücke. Glücklicherweise steht Bernd mir weiter für Fragen zur Verfügung, wofür ich sehr dankbar bin. Ein entscheidender Faktor sind auch die langjährigen Mitarbeiter*innen des Hauses und unser ebenfalls langjähriger Vorstand. Meine Anliegen werden von allen immer schnell und hilfsbereit beantwortet.
Was ist jetzt deine größte Herausforderung?
Die großen Herausforderungen liegen in der Planung des Hallenneubaus und in der Unsicherheit hinsichtlich der zu erwartenden Betriebskosten. Im Detail arbeite ich mich derzeit weiter in die sehr komplexen betriebswirtschaftlichen Planungs- und Abrechnungsprozesse ein. Auch gilt es noch, die vielfältigen Miet- und Untermietverhältnisse des Hauses und Hofes final zu durchdringen.
Muss sich etwas ändern in der Stadtteilkultur, damit sie ein attraktives Arbeitsfeld für Menschen wie dich ist und bleibt? Wenn ja, was wäre das?
Grundsätzlich haben wir in der Stadtteilkultur das große Glück, mit Menschen zusammenarbeiten zu können, die dies aus Leidenschaft tun und für das brennen, was wir machen. Immer auch weit über das normale Pensum hinaus. Und das, obwohl die meisten ohnehin nur in Teilzeit beschäftigt sind.
Die Kommunikationswege sind kurz, die Projekte spannend, die Zusammenarbeit sehr kollegial und häufig bereichsübergreifend. Die Arbeit in der Kultur ist sinnstiftend, kreativ und macht einfach Spaß.
Was leider überhaupt nicht attraktiv ist, sind die Gehälter, die wir zahlen können. Die Lebenshaltungskosten steigen immer weiter und selbst bei aller Leidenschaft müssen zukünftige Mitarbeiter*innen schlicht und ergreifend abwägen, ob sie es sich leisten können, für uns zu arbeiten. Die meisten meiner Kolleg*innen haben eine akademische Ausbildung und/oder sehr langjährige Berufserfahrungen. Bisher hat bei uns der Generationenwechsel in vielen Bereichen gut geklappt und wir konnten tolle neue Mitarbeiter*innen und Auszubildende gewinnen. Der aktuelle und zukünftige Arbeitsmarkt ist dennoch ein Bewerber*innen-Markt und wenn im Bereich der Löhne, Gehälter und Arbeitszeiten mittelfristig keine Lösung gefunden wird, wird es aus meiner Sicht immer schwieriger werden, qualifizierte und engagierte Kolleg*innen zu finden und die, die schon da sind, zu halten.
Danke euch beiden, dass ihr unsere Fragen beantwortet habt.
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