Was tun, wenn…

Seit ihrer Gründung im Jahr 1979 ist die Honigfabrik in Wilhelmsburg als linkes Kultur­zentrum bekannt, begründet sich auf Antifaschismus und der linken Jugendbewegungen der späten 1970er. Umso größer war der Schock, als Anfang Juni dieses Jahres bekannt wurde, dass sich eine langjährige Mitarbeiterin aus der Kinderkultur der Reichsbürger*innen­bewegung „Königreich Deutschland“ (KRD) angeschlossen haben soll.

Autorin: Andrea Ubben

Foto: Honigfabrik

Öffentlich gemacht hat dies das „Hamburger Bündnis gegen Rechts“, das am 8. Juni die Recherche zu einem sogenannten „Zukunftskongress“ des KRD auf ihrer Seite und ihren ­Social-Media-Kanälen ins Netz gestellt hat. Darunter auch das Kapitel „KRD im Bildungsbereich“, in dem die Aktivitäten im KRD von einer Mitarbeiterin der Honigfabrik und ihrem Mann beschrieben werden.

Für die Mitarbeiter*innen und langjährigen Weggefährt*innen sind diese Enthüllungen ein Schock, sie ringen um Worte, sind sprachlos, ob der offensichtlichen Radikalisierung ihrer Kollegin. „Noch an dem Wochenende haben wir uns zu einem Krisengespräch getroffen. Am Montag haben wir die Kollegin dann persönlich mit den Vorwürfen konfrontiert und um Klärung gebeten. Sie hat uns bestätigt, dass sie im Dezember 2023 dem KRD beigetreten ist“, erklärt Brigitte Schulz von der Honig­fabrik. Die Honigfabrik reagiert sofort und trennt sich von ihr, allerdings hatte die Kollegin schon ihre Kündigung zu Ende Juli eingereicht. Sie wolle mit ihrer Familie aufs Land ziehen, ihre Begründung damals.

Am Dienstag dann geht die Honigfabrik selber damit an die Öffentlichkeit, veröffentlicht eine Stellungnahme, distanziert sich eindeutig von Reichsbürger*innen und jeglichem rechten Gedankengut. Weiter heißt es: „Die Honigfabrik ist vor den Kopf gestoßen und wir können es nicht fassen, dass wir nichts mitgekriegt haben. Wir sind nicht nur auf einer persönlichen Ebene entsetzt, auch die gesellschaftlichen Dimensionen sind uns ­bewusst und lassen uns erschüttern. Wir fragen uns, wer kriegt denn noch alles nicht mit, dass ihre Kolleg*innen, Freund*innen und Bekannte sich reinziehen lassen in einen Sog aus großen Verheißungen, fragwürdigen Führer*innen und ,Alternativen‘, die alle auf einer menschenverachtenden Gesinnung gründen.“, heißt es weiter in der Stellungnahme.

Was folgt, ist ein intensiver Aufarbeitungsprozess innerhalb und außerhalb der Honigfabrik. Mitarbeiter*innen, Nutzer*innen der Honigfabrik, Kinder, Jugendliche, Eltern wurden über den Vorfall informiert und sind eingeladen, sich am Aufarbeitungsprozess zu beteiligen. Zumindest die Arbeit der Kollegin sei von der rechten Ideologie nicht beeinflusst gewesen, habe man unter anderem festgestellt. Für ihr schnelles und konsequentes Handeln erhält die Honigfabrik viel Lob. Und es macht auch etwas mit der Kollegin. Diese hat sich inzwischen vom KRD distanziert und sich professionelle Hilfe gesucht. „Durch unsere klare Konfrontation mit den Fakten über das Königreich Deutschland und was damit alles zusammenhängt, wurden der Kollegin die Augen geöffnet.“, weiß Brigitte Schulz.

Seit Bekanntwerden des Falls haben mittlerweile mehrere Veranstaltungen in der Honigfabrik stattgefunden, unter anderem ein sehr gut besuchter Vortrag mit anschließender Diskussion zu Strukturen, Ideologien und Akteur*innen der Reichsbürger*innenszene mit Andreas Speit, Journalist bei der taz Nord und Autor diverser Bücher zum Thema Rechtsextremismus.

Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen, sondern wird von der Honigfabrik weitergeführt werden.

KONTAKT
Honigfabrik
Industriestraße 125-131 · 21107 Hamburg
www.honigfabrik.de

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