Das Goldbekhaus hatte sich viel vorgenommen für 2020. Alles Makulatur. Und dennoch bringt die Coronakrise einiges an Erkenntnis und Entwicklung, findet Geschäftsführer Bernd Haß.
Autor: Bernd Haß
Am Anfang des Jahres erschien das Programmheft des Goldbekhauses mit weißem Deckblatt, um auf die Initiative KulturWert aufmerksam zu machen. Diese verfolgte das Ziel, zu zeigen, dass es Grund genug gibt über Wertschätzung für Stadtteilkultur und Unterfinanzierung und Personalausstattung nachzudenken: Ohne ausreichende Förderung fallen langfristige wichtige Angebote unter den Tisch. Als das Heft produziert wurde, hat niemand damit gerechnet, dass die weißen Flächen im Programm so schnell Wirklichkeit werden könnten.
Wir dachten bei der Umsetzung des Goldbekhaus-Jahresthemas „GRUND:GENUG“ an viele Dinge, die uns 2020 bewegen könnten. Wir dachten an Angebote zur Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts im Quartier, an Projekte zur Förderung nachhaltigen Lebens in der Stadt, an engere thematische Klammern, mehr interne Zusammenarbeit beim Generationswechsel in unserem Team. Auch das Thema Digitalisierung auf organisatorischer und programmatischer Ebene stand auf der Planungsagenda.
In Zeichen der Krise zeigt sich, dass sich Wertschätzung für unsere Arbeit an Hilfsfonds und privater Spendenbereitschaft festmachen lässt. Grund genug, die Hoffnung nicht aufzugeben. Es zeigt sich, dass solidarisches Handeln und die Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts ohne analoge Begegnung nicht auskommen. Grund genug, neue analoge und digitale Formate zu erfinden, die auch mit dem nötigen Abstand funktionieren. Es zeigt sich, dass das Arbeiten im Homeoffice und Teamarbeit trotz hilfreicher Teamsoftware eine Herausforderung darstellt und wichtige Zwischentöne im kommunikativen Netzrauschen untergehen. Grund genug, neue Formen der Teamarbeit zu erproben und vor dem Hintergrund fehlender Planungssicherheit verstärkt auf eine agilere Programmentwicklung zu setzen.
Die Zeit der Krise zwingt jetzt auch dazu, widersprüchliche Themen zu vereinbaren.
Die Zeit der Krise zwingt jetzt auch dazu, widersprüchliche Themen zu vereinbaren: Kurzarbeit für Teilzeitkräfte zu planen und im Zeichen der Initiatve KulturWert hinreichende Stellenbeschreibungen für ein zukünftiges Programm auszudenken. Zusammenhalt zu organisieren und gleichzeitig die Infrastruktur für mehr Abstand zu planen. Liquiditätsplanung bei Nullangebot oder Vielleicht-ja-doch-Irgendwann-Angebot immer wieder neu aufzulegen und über neue Einnahmequellen nachzudenken. Einen geplanten Abriss und Neubau weiter zu planen, wobei Räume gerade leer stehen und in naher Zukunft vielleicht nicht bespielbar sind, weil sich der notwendige Abstand nicht verwirklichen lässt.
Wie immer sitze ich an meinem Schreibtisch, brauche dank Videokonferenzen weniger Fahrzeit zwischen Terminen, bin morgens und abends häufig allein im Haus, und vermisse die Menschen, die reinplatzen und von der Arbeit ablenken.