Virtuelle Verbundenheit

Theater überzeugend ins Internet zu verlegen ist schwierig. Für das Projekt Damengedeck 2.0 haben die Macherinnen eine Form entwickelt, die mehr war als nur eine Notlösung: Sie machten aus dem Stück eine inszenierte Zoom-Konferenz unter Mitwirkung des Publikums.

Autorin: HANNA BEHR

Szenenfoto aus „Damengedeck 2.0“, Foto: Nathan Dreessen

Das Projekt „Damengedeck 2.0“ war ursprünglich als inszenierter Rundgang im Senior*innenwohnheim „Residenz am Dom“ in Köln geplant. An unterschiedlichen Orten sollten Bewohnerinnen aus ihrem Leben erzählen – mit Fokus auf ­einen emanzipatorischen Moment in ihrer Biografie.

Ab Januar 2020 fanden erste Treffen zum Kennenlernen statt. Die Regisseurinnen Ruby Behrmann und Liliane Koch reisten dafür aus Hamburg und Zürich an, die Kostümbildnerin Theresa Mielich und die Produktionsleiterin Hanna Behr ­kommen aus Köln. Als im März die Coronapandemie auch in Deutschland zum Lockdown führte war klar, dass nun nicht mehr geprobt werden und auch keine Live-Performance stattfinden konnte.

Innerhalb kürzester Zeit wurde das Projekt neu konzipiert, damit es digital gezeigt werden konnte. Es war den Macherin­nen wichtig, dass es keine abgefilmte Theateraufführung wird, sondern ein eigenes, für den Stoff entwickeltes Format. Entstanden ist so eine inszenierte Zoom-Konferenz unter Mitwirkung des Publikums. Für das Narrativ wurden zwei Zukunftswesen erfunden, die sich in die geplante Zoom-Konferenz hacken und dann die Seniorinnen, aber auch die Zuschauer*­innen befragen würden.

Natürlich waren die Damen nicht geschult im Umgang mit Zoom, zwei hatten nicht einmal einen Computer. So war die erste Mammutaufgabe des künstlerischen Teams, die Damen aus der Ferne im Umgang mit den neuen Medien zu schulen. So konnten innerhalb kürzester Zeit die Proben virtuell ­stattfinden und aus verschiedenen Städten geleitet werden. Die Damen nahmen mit ihren Computern aus der Residenz am Dom teil und konnten so und auch in dieser sehr einsamen Zeit Kontakt miteinander aufnehmen.

Um all das technisch umsetzen zu können, engagierte das Damengedeck-Team eine eigene Zoomkoordinatorin, techni­sche Durchläufe fanden statt, alle Damen sprachen und hörten über Headset, um die Tonqualität zu sichern, ein virtuelles ­Ticketing wurde eingeführt.

Und – das Wichtigste – das komplette künstlerische Team trat in Kontakt mit den Ticketkäufer*innen: Jede*r bekam ein Päckchen mit einer Praline, einem extra gelabelten Piccolo oder Orangensaft, einem eigens entwickelten Magazin auch mit ­Hinweisen, wie man Zoom benutzt, einer Häkelvulva bzw. einem „Damengedeck“-Abzeichen, hergestellt und entworfen von Theresa Mielich. So konnte während der digitalen Theaterperformance gemeinsam angestoßen werden und das Publikum hatte trotz allem das Gefühl, miteinander verbunden zu sein, untereinander, aber auch mit den Damen.

KONTAKT
Hanna Behr · Sommerblut Kulturfestival e.V.
Metzer Str. 20 · 50677 Köln · 0151/17 62 07 09
· www.sommerblut.de

Hanna Behr
Hanna Behr

ist Produktionsleiterin von „Damengedeck 2.0“ und ­Festivalmanagerin beim ­Sommerblut-Festival in Köln.

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