Herausragende Kulturarbeit in Hamburg
Am 5. April 2022 wurde der diesjährige Hamburger Stadtteilkulturpreis für herausragende Projekt- und Programmarbeit nach zwei Jahren online endlich wieder in Präsenz in der Hanseatischen Materialverwaltung im Oberhafen verliehen.
Mit dem Hamburger Stadtteilkulturpreis werden Projekte und Programme gewürdigt, deren Konzeption, Umsetzung und Resonanz besondere Qualität zeigen und die besonders geeignet sind, als anregendes Beispiel auf Initiativgruppen auch in anderen Stadtteilen zu wirken. Der Preis wird für bereits realisierte Kulturprojekte und -programme vergeben, die ein erfolgreiches Ergebnis nachweisen können, und ist mit 10.000 Euro dotiert.
Der Stadtteilkulturpreis 2022 geht an den Mikropol e.V.
Der Hamburger Stadtteilkulturpreis 2022 wurde an das Programm „Start a Revolution: Get to know your Neighbour!“ des Mikropol e.V. vergeben. Als Reaktion auf den ersatzlosen Abriss des ehemaligen Stadtteilzentrums eröffnete im Sommer 2019 das Mikropol in einem ehemaligen Toilettenhäuschen auf einer Verkehrsinsel in Hamburg Rothenburgsort. Von Nachbar*innen, Freund*innen und Studierenden der HfbK und HCU wurde es zu einem offenen Raum für den Stadtteil umgebaut. Mit dem Programm „Start a Revolution: Get to know your Neighbour!“ sollte die Vernetzung mit der Nachbarschaft gestärkt werden. Ziel des Mikropol e.V. ist es, langfristig ein großes Stadtteilzentrum für den Stadtteil zu entwickeln.
In der Begründung für die Entscheidung heißt es: „So revolutionär das Projekt Mikropol tatsächlich ist, so klassisch ist es für die Stadtteilkulturarbeit. Das Mikropol hat die Soziokultur neu- und wiedererfunden. Das Programm reicht von Mikrokino, Fotokursen und offenen Musiksessions über Ausstellungen und Lesungen bis hin zu Hacky Sack-Workshops für Kinder. Das Häuschen wird als Tauschbibliothek, für Geburtstagsfeiern, zur Hausaufgabenhilfe und als Probenraum genutzt. Während der Pandemie wurde es zum erweiterten Wohnzimmer – ein Raum für alle! Als Reaktion auf den Abriss des Stadtteilzentrums Rothenburg versteht sich das Mikropol aber auch als politische Aktion, als Planungsbüro und Testort nachbarschaftlicher Aushandlung mit dem klaren Ziel, ein neues Stadtteilkulturzentrum in Rothenburgsort zu erkämpfen. Wie eine pulsierende Keimzelle hat sich das Mikropol mit leidenschaftlicher Hartnäckigkeit, Kreativität und Flexibilität der niedrigschwelligen, kulturellen Teilhabe verschrieben und weckt damit Interesse und Aufmerksamkeit über den nachbarschaftlichen Horizont hinaus. Soziokulturelle Stadtteilkultur – gelebt wie im Mikropol – vereint Realität und Utopie. Sie will kein Vorbild sein, denn der Fokus liegt auf der Nachbarschaft und ihren Bedürfnissen und Wünschen – sie ist es aber doch. Und das möchte die Jury mit dieser Entscheidung auszeichnen und unterstützen.“
Die Finalist*innen 2022
Als besonders herausragende Projekte und Programme stadtteilkultureller Arbeit wurden für den Hamburger Stadtteilkulturpreis 2022 außerdem als Finalist*innen nominiert:
- das Vermittlungsformat BESTE GÄSTE des Festivals HAUPTSACHE FREI
- das Kulturgeragogik-Programm Denn das Herz wird nicht dement der Stiftung Bürgerhaus Wilhelmsburg
- das Empowermentprojekt Escape the Room 2.0 vom Kunstwerk e.V.
- das Hammer Sommerfestival der Stadtteilinitiative Hamm e.V.
- das Projekt HORN TO GO 2021 vom Theater das Zimmer
- die mobile Bühne LuftKiste vom HoheLuftschiff e.V.
- die Veranstaltung Maker Island der Stiftung Bürgerhaus Wilhelmsburg
- das Stadtmusical PLANET BILLSTEDT der Stiftung Kulturpalast Hamburg
- das Kooperationsprojekt Stiftsviertel St. Georg vom Kulturladen St. Georg e.V.
Alle nominierten Projekte und Programme des Hamburger Stadtteilkulturpreis 2022 – das Gewinnerprojekt und die neun Finalist*innen – werden im stadtkultur magazin in alphabetischer Reihenfolge vorgestellt.
Die Bewerbungsrunde
Von Anfang November 2021 bis Anfang Januar 2022 konnten sich freie Träger der Kulturarbeit sowie Einzelpersonen, die sich in der Stadtteilkulturarbeit in Hamburg engagieren, für den Preis bewerben. Neben Kulturprojekten konnten Kurs- und Veranstaltungsprogramme, Programmbereiche, Veranstaltungsreihen, spezielle Veranstaltungsformate und Festivals, die in besonderer Weise den Qualitätskriterien des Stadtteilkulturpreises entsprechen, eingereicht werden. Projekte und Programme, die während der Corona-Pandemie entstanden sind und mit den jeweiligen Einschränkungen kreativ umgehen bzw. umgegangen sind, wurden ausdrücklich aufgefordert, sich zu bewerben.
In diesem Jahr wurden gut 60 Kulturprojekte und -programme von Zentren, Vereinen, Initiativen und Einzelpersonen für den größten Preis der Hamburger Stadtteilkultur eingereicht. An dieser Stelle sei noch einmal allen Bewerber*innen für die Einsendungen gedankt.
Aus allen Einsendungen nominierten die Preisstifter*innen zehn Bewerbungen für den Hamburger Stadtteilkulturpreis. Eine unabhängige Jury ermittelte aus diesen Finalist*innen im Anschluss die/den Preisträger*in. Als Jurorinnen haben sich 2022 wieder die ehemalige Direktorin der Bücherhallen Hamburg Hella Schwemer-Martienßen, die Geschäftsführerin der Klaus und Lore Rating Stiftung Caroline Sassmannshausen und Jennifer Tharr vom Bundesverband Soziokultur zur Verfügung gestellt. Der Hamburger Stadtteilkulturpreis wurde am 5. April 2022 im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung vom Senator für Kultur und Medien Dr. Carsten Brosda überreicht.
Die Qualitätskriterien des Preises
Projekte und Programme, die sich für den Hamburger Stadtteilkulturpreis bewerben, sollten mehrere Qualitätsmerkmale stadtteilkultureller Arbeit zeigen:
- Kulturelle Teilhabe: Kultur von allen für alle
Die Kulturarbeit spricht ein breites Publikum aus unterschiedlichen Milieus, Sozial- und Bildungsschichten sowie Altersgruppen an und leistet einen wichtigen Beitrag zur
sozialen Integration. - Lokale Kultur: Kultur direkt vor Ort
Ausgehend von den Bedarfen und Themen vor Ort bezieht sich die Kulturarbeit auf das Quartier und seine Geschichte und lädt ein, mit künstlerisch-kulturellen Mitteln Nachbarschaften neu zu gestalten. - Kulturelle Bildung: Chancen schaffen, Nachwuchs fördern
Die Kulturarbeit ermöglicht es den Bewohner*innen des Stadtteils, sich selbst künstlerisch und kulturell zu betätigen und kulturelle Angebote selber zu organisieren. - Kulturelle Vielfalt: Internationale Stadtgesellschaft und Interkulturelle Öffnung
Die Kulturarbeit fördert die interkulturelle Öffnung und macht die kulturelle Vielfalt erlebbar. - Vernetzung: Vor Ort verankert
Die Kulturarbeit initiiert, entwickelt und stärkt regionale Netzwerke und bindet Künstler*innen sowie benachbarte Kultur- und Bildungseinrichtungen mit ein. - Mitgestaltung unserer Stadt: Beteiligen und Engagieren
Die Kulturarbeit ermutigt zu freiwilligem Engagement und ermöglicht, das eigene Lebensumfeld mitzugestalten.
Auswahl, Jury und Preisverleihung
Sonderpreise 2022
In 2022 entschieden sich die Preisgeber*innen, drei Sonderpreise für herausragendes Wirken in der Hamburger Stadtteilkultur zu vergeben. Von der Jury mit dem Sonderpreis ausgezeichnet wurden Stephanie Grau und Felicia Grau vom Theater Zeppelin und dem HoheLuftschiff, Bernd Haß aus dem Goldbekhaus und Clemens Hoffmann-Kahre aus der MOTTE.
Preisstifter*innen und Unterstützer*innen
Preisstifter*innen sind die Behörde für Kultur und Medien Hamburg, die Hamburgische Kulturstiftung, die Gabriele Fink Stiftung und die Patriotische Gesellschaft von 1765. Die Alfred Toepfer Stiftung F. V. S. unterstützt die Umsetzung. STADTKULTUR HAMBURG, der Dachverband für Lokale Kultur und Kulturelle Bildung, ist als Experte und Szenekenner für die Konzeption und Durchführung des Wettbewerbs zuständig. Der Hamburger Stadtteilkulturpreis wird seit 2002 an herausragende lokale Kulturprojekte und -programme vergeben.